Pressemitteilung 19 vom 01.04.19

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02.04.2019 DGB wirbt für ein soziales und demokratischeres Europa - Gewerkschafter/-innen diskutieren mit Kandidierenden für das Europaparlament.

"Europa. Jetzt aber richtig!" - Unter dieses Motto stellen der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) und seine Mitgliedsgewerkschaften ihre Kampagne für ein friedliches, soziales und demokratischeres Europa. Der DGB wirbt bei vielen regionalen Aktionen und Veranstaltungen und selbstverständlich auch am 1. Mai dafür, dass die Menschen sich an den Wahlen zum Europäischen Parlament am 26. Mai 2019 beteiligen - und dass sie ihre Stimme demokratischen, pro-europäischen Parteien geben.

Auch bei der Tagung der ehrenamtlichen Kreis- und Stadtverbandsvorsitzenden des DGB Baden-Württemberg stand die Europapolitik auf der Tagesordnung. Rund 50 Teilnehmende aus ganz Baden-Württemberg haben sich am vergangenen Wochenende in Gerlingen getroffen und dort die weiteren Aktivitäten des DGB anlässlich der Europa- und Kommunalwahlen festgezurrt.

Bei einer Diskussionsrunde mit fünf Kandidierenden für das Europaparlament (EP) hat der Landesvorsitzende Martin Kunzmann die wichtigsten Anforderungen des Gewerkschaftsbundes an die europäische Politik formuliert:
"Europa war über Jahrzehnte ein Friedens- und Fortschrittsprojekt. Doch gegenwärtig ist die Europäische Union in keiner guten Verfassung. Der chaotische Brexit sowie rechtpopulistische, nationalistische und neoliberale Fliehkräfte gefährden das Projekt der europäischen Einigung. Deshalb ist es dringend geboten, die europäischen Institutionen zu stärken, aber auch zu reformieren. Der DGB setzt sich auf allen Ebenen dafür ein, dass Europa für die Menschen viel stärker als bisher auch als ein soziales, demokratisches Projekt erlebbar wird. Europa muss ein Garant für soziale Gerechtigkeit, wirtschaftliche Stärke und ökologische Erneuerung werden. Junge Menschen brauchen die Zusage, dass Europa ihnen eine gute Zukunft bietet: qualifizierte, EU-weit anerkannte Ausbildungsgänge und gute Arbeitsbedingungen. Frauen und Männer müssen sich darauf verlassen können, dass die Gleichstellung der Geschlechter europaweit vorangetrieben wird."

Es dürfe nicht sein, dass die EU vor allem als wettbewerbsorientierter Staatenbund wahrgenommen werde, der mit seinem Spardiktat den Mitgliedsländern die Gestaltungsspielräume für eine Politik raube, die im Interesse der Beschäftigten und der Rentner/-innen sei. Deshalb müsse es eine europäische Investitionsoffensive geben, die das Wachstum und somit Beschäftigung anschiebe, aber auch die Weichen für nachhaltiges Wirtschaften und wirksamen Klimaschutz richtig stelle.

Sozialpartnerschaft, die Bekämpfung von Arbeitslosigkeit und prekärer Beschäftigung sowie die Durchsetzung des Prinzips "Gleicher Lohn für gleiche Arbeit am gleichen Ort" müssten ganz oben auf der Agenda der europäischen Institutionen stehen. Die Sozialpartner müssten besser in den europäischen Gesetzgebungsprozess eingebunden werden. Kunzmann: "Abkommen der Sozialpartner dürfen von der EU-Kommission nicht blockiert werden. Unsere Betriebsrät/-innen arbeiten in den europäischen Betriebsräten bereits erfolgreich zusammen. Doch oft genug haben sie nicht die Instrumente an der Hand, um Mitbestimmungsrechte europaweit durchzusetzen. Eine EU-Richtlinie zur Mitbestimmung, die gute Standards festlegt, ist deshalb überfällig."

Der DGB pocht darauf, die Rolle des Europäischen Parlamentes zu stärken. Dieses müsse auch Gesetzgebungen anstoßen dürfen. Die EU brauche endlich eine Verfassung, auf deren Grundsätze sich die Bürgerinnen und Bürger verlassen könnten. Der Vertrag von Lissabon sei nur Stückwerk, solange diese gemeinsame Verfassung fehle.

Die an der Diskussionsrunde beteiligten Kandidierenden machten deutlich, wo sie Erfolge und wo Verbesserungsbedarfe in der Europapolitik sehen:

Dr. Ingeborg Gräßle (CDU), MdEP:
"Die Mitbestimmung ist ein Erfolgsmodell, auf das wir wirklich stolz sein können. Sie hat uns in Deutschland geholfen, Wirtschaftskrisen zu bewältigen. In Frankreich fehlt dieses Instrument des sozialen Ausgleiches. Dies macht es schwieriger, Reformen durchzusetzen. In der nächsten Wahlperiode wird es darauf ankommen, die EU zusammenzuhalten. Dies wird nur gehen, wenn alle Demokrat/-innen mehr als bisher zusammenhalten. Dazu gehört etwa der Konsens, dass Steuerbetrug in allen EU-Ländern entschieden bekämpft wird."

Jérôme Brunelle (SPD):
"Die europäische Einigung ist ein absoluter Glücksfall. Sie wird getragen von unserer gemeinsamen Geschichte und den gemeinsamen Werten, die die Menschen in Europa verbinden. Hierzu gehören für mich auch soziale Werte. Deshalb brauchen wir selbstverständlich einen Mindestlohn in allen europäischen Ländern. Wir brauchen gemeinsame soziale Standards. Dazu gehört für mich auch eine europäische Arbeitslosenversicherung."

Anna Deparny-Grunenberg (Bündnis 90/Die Grünen):
"Wir müssen alles drei zusammendenken: Ökologie, Soziales und die Wirtschaft. Bei allen Herausforderungen müssen wir immer die soziale Frage mitdenken. Deshalb plädiere ich dafür, eine Mindestgarantie für arbeitslose Jugendliche einzuführen. Der Lissabonner Vertrag steht dem nicht entgegen. Zudem sollten wir nicht nur für Studierende, sondern auch für Auszubildende mehr Möglichkeiten schaffen, während ihrer Ausbildung in einem anderen EU-Land Erfahrungen zu sammeln."

Claudia Haydt (Die Linke):
"Europa hat viel geleistet als Binnenmarkt. Doch für die soziale Integration müssen noch viele Schritte gegangen werden. Als Nationalstaat werden wir die Klimaprobleme, die Flüchtlingsthematik und die negativen Folgen der Globalisierung nicht lösen. Europa darf sich nicht abschotten, schon gar nicht gegen Menschen, die unter lebensgefährlichen Bedingungen auf der Flucht sind."

Roland Fink (FDP):
"Die duale Ausbildung ist ein Erfolgsmodell. Wir sollten sie zum Exportschlager machen anstatt zu sagen, das ist ein Hindernis im Binnenmarkt. Um den technologischen Wandel in der Autoindustrie zu bewältigen und um möglichst viele Arbeitsplätze zu erhalten, sollte sich Europa nicht von anderen Ländern wie China vor sich hertreiben lassen. Wir haben die technologische Kompetenz, um eigene Lösungen zu entwickeln."

Anhang:
Positionspapier des DGB Baden-Württemberg zur Europawahl

Ansprechpartnerin:
Dr. Katrin Distler, Abteilungsleiterin interregionale Europapolitik (katrin.distler@dgb.de oder mobil 0151 14256555)

Anhang:

Positionspapier des DGB BaWü zur Europawahl

Positionspapier des DGB BaWü zur Europawahl

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Letzte Änderung: 02.04.2019