Große Tarifkommission

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21.01.2010 Die IG Metall will Beschäftigung in den Betrieben sichern. Vertreterinnen und Vertreter der IG Metall Aalen und Schwäbisch Gmünd in Leinfelden-Echterdingen.

Sitzung der Großen Tarifkommission in Baden-Württemberg

IG Metall will Beschäftigung sichern

Leinfelden-Echterdingen - Der baden-württembergische IG Metall Bezirksleiter Jörg Hofmann sieht die Bundesregierung in der Pflicht, die Rahmenbedingungen zur Sicherung von Beschäftigung zu schaffen. "Die Regierung muss zeigen ob sie den eingeschlagenen Weg weiter geht oder ob sie sich davon verabschiedet", sagte er dazu heute in Leinfelden-Echterdingen auf einer Sitzung der Großen Tarifkommission. Beschäftigte und Unternehmen bräuchten schnell Klarheit. "Die Krise lässt uns keine Zeit für taktische Spielereien."

Konkret geht es zunächst um die Erstattung der Sozialversicherungsbeiträge bei Kurzarbeit. Diese Förderung läuft Ende des Jahres aus. Die IG Metall hält die Verlängerung dieser Regelung für dringend notwendig. Hofmann: "Fällt die Förderung weg, wird Kurzarbeit genau dann unattraktiv, wenn wir sie vielleicht am dringendsten brauchen. Das würde automatisch Entlassungswellen nach sich ziehen. Die Folgen für den Arbeitsmarkt wären dramatisch. Zudem ist es teurer Arbeitslosigkeit zu finanzieren."

Die Tarifvertragsparteien sprechen daher auch über eine Verlängerung der tariflichen Regelung zur Kurzarbeit und Qualifizierung, um den Unternehmen und Betriebsräten Planungssicherheit über 2010 hinaus zu geben.

Die Erstattung von Sozialversicherungsbeiträgen fordert Hofmann außerdem für einen angestrebten Teilentgeltausgleich, der zum Ausgleich für eine abgesenkte Arbeitszeit und damit als Entgelt im Rahmen von Beschäftigungssicherung vergütet wird. Diese Option hatte Hofmann im letzten November als Erweiterung des bereits bestehenden Beschäftigungssicherungstarifvertrages ins Spiel gebracht. Er begründete die Forderung außerdem mit den hohen Krisenlasten, "die bereits von den Beschäftigten geschultert werden müssen." Weitere Einkommenseinbußen seien aus diesem Grund nicht zumutbar. "Deshalb kann und wird ein solches Modell nur mit einem Teilentgeltausgleich funktionieren."

Weiteres wichtiges Thema sei die Übernahme der ausgebildeten Fachkräfte. "Wir können es uns nicht leisten, junge und gut ausgebildete Menschen vor die Tür zu setzen", meinte Hofmann. Hier denkt die IG Metall über Modelle von Anschlussqualifizierung direkt nach der Ausbildung nach. "Das könnte helfen die kommenden Monate zu überbrücken, wenn man die befristete Übernahme dann an die Qualifizierung anschließt."

Seit Anfang Dezember sondiert die IG Metall mit dem Arbeitgeberverband Südwestmetall die unterschiedlichen Möglichkeiten der Beschäftigungssicherung. Eine Bewertung der Gespräche machte Hofmann nicht. Er sagte aber, es sei sinnvoll weiter miteinander die Chancen auszuloten, zeitnahe Regelungen zur Sicherung von Beschäftigung zu finden.

Der abschließende Stand der Sondierungsgespräche und das weitere Vorgehen sollen am 4. Februar 2010 auf einer weiteren Sitzung der Tarifkommission besprochen werden. Dann gelte es auch von dem Gremium eine Empfehlung an den Vorstand auszusprechen, ob es Sinn mache, mit den Arbeitgebern in konkrete vorgezogene Verhandlungen einzutreten. "Wir sind überzeugt, die Antworten müssen jetzt gegeben werden, nicht erst im zweiten Quartal."

Dann könne, so Hofmann, auch die Frage der Entgelterhöhungen für dieses Jahr sicher nicht mehr ausgeklammert werden. "Über die Entgelte werden wir aber erst reden, wenn wir belastbare Regelungen zur Beschäftigungssicherung auf dem Tisch haben", schränkte er ein.

Die Tarifverträge über die Entgelte laufen Ende April aus.

Die Krise ist noch nicht vorbei

In einer Bewertung der aktuellen Branchensituation sieht Hofmann die Metall- und Elektroindustrie noch vor einer langen Durststrecke, ehe die aktuelle Krise bewältigt ist. "Der Absturz ist so tief, dass wir bestimmt bis 2012 brauchen um das alte Niveau zu erreichen. Dabei wird es auch strukturelle Veränderungen geben." Als entscheidend für die weitere Entwicklung sieht Hofmann den Arbeitsmarkt.

Die Metall- und Elektroindustrie müsse Umsatzeinbrüche von 30 Prozent verkraften, so Hofmann. Die Produktion sei in ähnlichem Umfang eingebrochen. Derzeit seien über 45.000 Beschäftigte weniger in den Unternehmen, als dies noch vor gut einem Jahr der Fall gewesen wäre. Nach Schätzung der IG Metall sind gut 250.000 Beschäftigte der Branche derzeit in Kurzarbeit, also jeder dritte Beschäftigte. Kurzarbeit gebe es momentan in drei von vier Betrieben im Südwesten. Weitere 80.000 Beschäftigte schätzt Hofmann in den Maßnahmen des Beschäftigungssicherungstarifvertrages. Mit dem Tarifvertrag kann die Arbeitszeit um bis zu 5 Stunden auf 30 Wochenstunden gesenkt werden. Die Entgelte verringern sich dabei linear.

"Hätten wir den Instrumentenkasten nicht zur Verfügung, wären mindestens 90.000 Beschäftigte im Land mehr arbeitslos geworden, was die öffentlichen Haushalte deutlich mehr belasten würde, als es durch die Förderung der genannten Maßnahmen der Fall ist", so Hofmann.

Kai Bliesener
- Pressesprecher -
IG Metall Bezirksleitung
Baden-Württemberg

Letzte Änderung: 20.01.2010